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Jojo Moyes - "Ein ganzes halbes Jahr"

Ein ganzes halbes Jahr - Jojo Moyes

“Ein ganzes halbes Jahr” von Jojo Moyes ist schon bereits vor offiziellem Erscheinungstermin im März 2013 in aller Munde, überall finden sich begeisterte Leser und ich habe bisher noch keine einzige negative Meinung dazu gelesen. Da ich allen gehypten Büchern eher skeptisch gegenüber stehe, hatte ich ein wenig Angst vor der Lektüre, aber das Cover hat mich bereits vor Monaten begeistert und es war klar, dass ich dieses Buch lesen möchte, egal worum es geht, egal wie es andere finden.

Worum es sich auf den 512 Seiten handelt? Es handelt sich um eine ganz besondere Geschichte. Um die Geschichte von Lou & Will.

Louisa Clark arbeitet seit sechs Jahren in einem Café, ist seit fast sieben Jahren mit ihrem Freund Patrick zusammen, wohnt noch bei ihren Eltern und gibt fast ihr gesamtes Gehalt ihren Eltern ab und unterstützt sie damit. Als sie eines Tages ihren Job verliert, da das Café schließen muss, braucht sie dringend wieder Arbeit – zumal ihr Vater selbst kurz davor steht, seine Arbeit zu verlieren. So kommt es, dass sie für sechs Monate als Pflegekraft angestellt wird. Nicht weit weg von ihrem Zuhause wohnt ein Tetraplegiker, der gepflegt werden muss und dem Louisa tagsüber Gesellschaft leisten soll.

Will war ein junger, attraktiver, sportlicher Mann, der Teilhaber einer erfolgreichen Firma war, das Leben liebte und um die Welt gereist ist, sofern sich nur die Gelegenheit dazu ergab. Seit eines dummen Unfalls, der nicht einmal etwas mit den extremen sportlichen Tätigkeiten zu tun hatte, die er gerne unternahm, ist er von der Brust an abwärts gelähmt. Lediglich seinen Kopf kann er bewegen, seine Hände geringfügig. Für sein ganzes Leben lang ist er nun an einen Rollstuhl gekettet und an die ständige Hilfe seiner Mitmenschen angewiesen.

Dieser Roman ist ein wahrer Pageturner, ehrlich. Der Schreibstil ist wundervoll flüssig, verständlich und unkompliziert; die Geschichte so aufgebaut, dass man nicht einfach nach einem Kapitel das Buch zuschlagen kann, sondern immer noch ein Kapitel lesen muss… und dann noch eins. Die Geschichte von Lou und Will ist eine ganz besondere, das steht außer Frage. Ab und zu bekommen wir ein Kapitel aus einer anderen Sicht, als der von Louisa zu lesen, welche dann kostbare Einblicke in das gesamte Geschehen, das Gefühlsleben und die Gedanken der jeweiligen Person ermöglichen. Dadurch wirkt die ganze Handlung noch ein Stück plastischer und nachvollziehbarer.

Allerdings entwickelt sich die Handlung für mich erst nach gut der Hälfte zu einer fantastischen Geschichte – anfangs konnte ich die Faszination hinter der Handlung nicht so recht ausmachen. Das lag vor allem aber auch an der Protagonistin Louisa. Sie ist eine Person, die mit 27 Jahren noch absolut nichts aus ihrem Leben gemacht hat, was nicht so schlimm wäre, aber sie hat auch keinerlei Ambitionen, eine Ausbildung zu machen, einen Beruf zu finden, der ihr Spaß macht, nicht mal von ihrem Freund kann sie sich trennen. Dazu ist sie manchmal so unverantwortlich und denkt über ganz selbstverständliche Dinge nicht nach, so dass ich beim Lesen dieser Person nur allzu gerne meine Meinung ins Gesicht geschrien hätte. Für mich ist Will der einzige und wahre Held dieser Geschichte. Mit einem herrlich schwarzen Humor, einer harten Schale, aber samtweichen Kern bringt er Louisas Leben endlich in Ordnung, schafft es, sie zu verändern. Während Louisa Clark für mich der große Minuspunkt in Jojo Moyes’ Roman ist, ist Will Traynor der große leuchtende Stern.

Auf sehr beeindruckende Weise setzt sich Jojo Moyes hier mit dem Thema Sterbehilfe auseinander. So gut wie jede Sichtweise auf dieses kontroverse Thema kommt innerhalb der Handlung zum Vorschein, mit den jeweiligen Argumenten und Gefühlen. Ich stellte mir beim Lesen selbst die Frage, wie ich in welchen Situation reagieren würde, was ich mir an wessen Stelle wünschen würde. Die Thematik ist keinesfalls leicht, doch bin ich der Meinung, dass es gut ist, darüber zu sprechen und sich darüber austauschen zu können. Beziehungsweise sich erst einmal bewusst werden, dass es solche Möglichkeiten gibt und es durchaus Menschen gibt, die den Freitod wählen.

Die Autorin schafft es, eine so komplexe Thematik in eine wunderschöne Geschichte mit Freundschaft, Liebe, Familie zu verweben. “Ein ganzes halbes Jahr” ist ein Roman, den man gelesen haben sollte und der einem doch einige Zeit im Gedächtnis bleibt. So war ich direkt nach der Lektüre noch sehr aufgewühlt, voller unterschiedlicher Gefühle – 12 Stunden später bin ich immer noch ganz gerührt, aber auf positivere Weise als noch davor. Ein wenig erinnert mich das Buch vom Thema als auch vom Schreibstil her an einen typischen Jodi-Picoult-Roman, welche ich persönlich sehr gerne lese.

Dieser wundervolle Roman mit dem absolut perfekten Cover wird zu Recht von so vielen Lesern hochgelobt. Zwar gibt es von mir einen klitzekleinen Stern Abzug, aber ich bin durchaus der Meinung, dass “Ein ganzes halbes Jahr” von Jojo Moyes lesenswert ist und man es gelesen haben sollte – sich dann aber auch Gedanken dazu machen sollte. Es ist einfach eine ganz besondere Geschichte, die einem für lange Zeit im Gedächtnis bleibt und das schaffen nur sehr wenige Bücher. Dieser Roman ist für alle Leser genau das Richtige – ob jung oder alt, Mann oder Frau, Fantasy- oder Krimifan. Danke Jojo Moyes!

Quelle: http://primeballerina.wordpress.com/2013/04/15/rezension-jojo-moyes-ein-ganzes-halbes-jahr